Nachruf

Ikone der Schwulenbewegung - Rosa von Praunheim ist tot

17. Dezember 2025 , 16:31 Uhr

Erst vor wenigen Tagen heiratete er seinen Partner. Nun ist der Filmemacher Rosa von Praunheim, Vorkämpfer der Schwulenbewegung, mit 83 Jahren gestorben. Fürs Jenseits hoffte er auf Ungewöhnliches.

Wenn man Rosa von Praunheim begegnet ist, konnte man das eigentlich kaum vergessen. Der Filmemacher – eine Ikone der Schwulenbewegung – schaute einem dann tief in die Augen und begann ohne Zögern, Fragen zu stellen. Warst du mal in New York? Hast du eine Pflanze? Was ist der Sinn des Lebens?

Nun ist der Regisseur im Alter von 83 Jahren gestorben – nur wenige Tage, nachdem er seinen langjährigen Partner geheiratet hat. Der Künstler starb in der Nacht zum Mittwoch in Berlin «überraschend, aber völlig friedlich», wie es aus seinem persönlichen Umfeld hieß.

Star des Independent-Kinos

Jahrzehntelang drehte er Filme – mit Produktionen wie «Die Bettwurst» und «Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt» aus den 1970ern schrieb er Filmgeschichte. Er drehte den Film «Rex Gildo – Der letzte Tanz» und veröffentlichte zuletzt «Satanische Sau», eine Komödie, in der in einer Szene Blumen in Männerhintern stecken.

Manche erinnern sich an von Praunheims glitzernde und plüschige Kostüme. Oder an seine streitlustigen Auftritte in TV-Talkshows. Bei «Talk im Turm» zum Beispiel sagte er vor Jahren Dinge, die heute selbstverständlich klingen. «Homosexuell zu sein, ist eine genauso gleichberechtigte Form der Sexualität.» Mit Jeanshemd saß er da, Zahnlücke beim Lächeln, ein gut aussehender Mann.

Eine umstrittene Aktion im TV

Diskutiert wurde damals über von Praunheims wohl umstrittenste Aktion. Er hatte 1991 den Talkmaster Alfred Biolek sowie den Komiker Hape Kerkeling im Fernsehen geoutet. Bei «Talk im Turm» wollte der Moderator wissen, was ihn bewogen habe, andere der Homosexualität zu bezichtigen? Von Praunheim fragte zurück, was das Wort heißen solle, das klinge so eigenartig. «“Bezichtige“ ich Sie der Heterosexualität?»

Schon damals ließ sich beobachten, dass von Praunheim geschickt Fragen stellen konnte. In der Sendung erklärte er, es gehe ihm um Verantwortung. Gerade Leute, die in den Medien präsent seien, hätten eine Verantwortung zu zeigen, dass Homosexualität eine gleichberechtigte Lebensform sei. «Wir müssen sichtbar sein.» Andere kritisierten seine Aktion als übergriffig.

Aidskrise, Sexarbeit, Familiengeschichte

«Mein Herz ist voller Trauer und voller Dankbarkeit», teilte der Vorsitzende des Kulturausschusses im Bundestag, Sven Lehmann, nach dem Bekanntwerden des Todes des Filmemachers mit. Nicht nur Film und Kultur würden von Praunheim unendlich viel verdanken – auch er persönlich und Generationen schwuler Männer und queerer Menschen.

Der Film «Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt» von 1971 habe nicht weniger als die deutsche Homosexuellen-Bürgerrechtsbewegung in Gang gesetzt, schrieb Lehmann. «Der Film stiftete Unruhe in einer Zeit von Strafgesetzen und Sittenpolizei und gab den Anstoß für öffentliche Aktionen und die ersten CSDs.» Auch während der Aids-Krise habe von Praunheim früh zu Safer Sex aufgerufen und damit vielleicht vielen Menschen das Leben gerettet.

«Ich finde, der Tod ist etwas Herrliches»

Erst vergangene Woche hatte von Praunheim seinen langjährigen Partner Oliver Sechting geheiratet. Bei Instagram posteten sie ein Foto mit zwei Händen und Frosch-Ringen. Die Trauringe habe sein Mann ausgesucht – «weil ich ihm mal gesagt habe, dass ich im nächsten Leben als Frosch wiedergeboren werden möchte», erklärte von Praunheim damals auf Anfrage.

Der Künstler setzte sich mit der Aidskrise («Ein Virus kennt keine Moral»), mit Sexarbeit und mit seiner eigenen Familiengeschichte auseinander. Von Praunheim schrieb auch Theaterstücke und Bücher («Hasenpupsiloch»). Und er malte. Vor einigen Jahren etwa wurden Kunstwerke in einer Berliner Galerie ausgestellt. Die Ausstellung hieß «Nackte Männer – Nackte Tiere».

Im Interview kokettierte von Praunheim damals damit, eine Wahrsagerin habe sein Sterbedatum vorausgesagt – für Oktober 2023. Er habe auch schon eine Malerei für das Grab entworfen. «Aber ich denke, die Astrologin hat sich um ein Jahr verrechnet.» Es könne natürlich jeden Tag passieren.

Ob das ein schönes Gefühl sei, dass das Leben jederzeit vorbei sein könne? «Ein wunderbares Gefühl. Ich finde, der Tod ist etwas Herrliches. Ewig schlafen. Ruhe. Und man wird intelligentes Wasser – falls du das noch nicht weißt.» Gibt es nackte Männer und nackte Tiere dort, wo man hingeht? «Ja, natürlich», sagte von Praunheim damals. «Sex nach dem Tode – glaube ich sehr stark dran.»

Quelle: dpa

 

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