Anhörung im Landtag

Experten sehen viele Probleme bei Kontrollen von Nutztieren

27. November 2025 , 14:43 Uhr

Gequälte Rinder und Schweine, überforderte Landwirte und Kontrolleure, die über immer mehr Aufgaben klagen. Wie kann Bayerns Kontrollsystem für die Nutztierhaltung verbessert werden?

Bayerns Kontrollsystem für die Nutztierhaltung kann nach Ansicht von Experten wegen einer Vielzahl von Defiziten Verstöße gegen das Tierwohl nicht ausreichend verhindern. Den Veterinärämtern sei es schon wegen des Personalmangels nicht möglich, zeitnah Problembetriebe erkennen zu können, sagte Kai Braunmiller, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft für Fleischhygiene und Tierschutz in Bayern, in einer Anhörung von Fachleuten im bayerischen Landtag. Helfen würde die Einführung einer Tiergesundheitsdatenbank.

Tierärzteschaft: Seit vielen Jahren wird zu wenig gemacht

Auch Iris Fuchs, Präsidentin der Landestierärztekammer, betonte gleich zu Beginn ihrer Ausführungen, die Tierärzteschaft sehe seit vielen Jahren, dass «bislang zu wenig gemacht worden ist zur Vermeidung» von Missständen. Es brauche endlich ein wirksames Frühwarnsystem in Bayern, «zum Schutz der Landwirte und der Tiere». Ein Problem sei auch ein Mangel beim Vollzugspersonal, denn nur Kontrollen lösten nicht die Probleme. 

Kann Datenbank zu Tiergesundheit mit Ampelsystem helfen? 

Auch müsse, so Fuchs, dringend eine Tiergesundheitsdatenbank eingeführt werden, in der die bereits vorhandenen Daten etwa von Schlachtern, zur Milchproduktion sowie vorhandenen Tieren und Mitarbeitern auf den Höfen hinterlegt würden. Die Tierärzte wollten keinen Zugriff auf die Daten, gleichwohl müssten sie in einer staatlichen Datenbank gesammelt und über ein Ampelsystem ausgewertet werden, um zu sehen, wo Kontrollen durchgeführt werden müssten. Das Argument, man wolle aus Datenschutzgründen keine entsprechende Datenbank einzurichten, sei «fadenscheinig».

Arbeitsüberlastung bei Amtstierärzten über zu viele Aufgaben

Der Vorsitzende des Landesverbands der beamteten Tierärzte Bayerns sprach ebenfalls von Problemen wegen einer starken Personalfluktuation und einem wachsenden Tierarztmangel. Immer weniger Menschen müssten immer mehr Aufgaben erfüllen, «das führt zu einer Priorisierung, dass man nicht überall sein kann». Manchmal komme es dann dazu, dass man «nicht so schnell vor Ort ist, wie man es sich wünscht». Gleichwohl seien die Amtstierärzte trotz der Arbeitsüberlastung «keine Buhmänner», helfen würde ihnen die Etablierung eines Frühwarnsystems, ein Bürokratieabbau und eine schnellere Digitalisierung.

Bauernverband: Mehr Daten und Kontrollen helfen nicht weiter

Seitens des Bayerischen Bauernverbandes wurden Rufe nach mehr Vorwürfen oder besagter Datenbank zurückgewiesen. «Daten bringen uns nicht weiter», sagte Irene Pfeiffer, Referentin für Tierhaltung und Tierschutz im Generalsekretariat des Verbandes. Dadurch würde sich nur der ohnehin schon hohe Druck auf die Landwirte erhöhen. Das gelte genau so für Kontrollen, diese erhöhten auch nur den Druck. Vielmehr müsse man die mentale Gesundheit der Landwirte in den Fokus rücken. Es brauche eine Entstigmatisierung und die Bereitschaft der Landwirte, Hilfsangebote etwa bei Depressionen anzunehmen.

2025 viele Missstände bei Nutztierhaltern aufgedeckt 

Im laufenden Jahr waren in Bayern wiederholt Fälle aufgedeckt worden, in denen Landwirte ihre Rinder oder Schweine nicht ordnungsgemäß gehalten haben. Immer wieder wurden Tiere in teils extrem schlechtem Zustand gefunden, obwohl die Höfe teils zuvor behördlich kontrolliert worden waren. 

In der Folge hatten die Grünen mit der SPD die Anhörung durchgesetzt. «Wenn Tierquälerei oft erst von Tierschutzorganisationen gefilmt werden muss, damit staatliche Stellen aufmerksam werden, dann hat das System ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem», sagte Paul Knoblach, Sprecher für Tierschutz der Landtags-Grünen. «Wir müssen jetzt Lücken schließen, Verantwortlichkeiten klären und endlich ein Kontrollsystem schaffen, das seinen Namen verdient – damit Missstände frühzeitig auffallen.» Auch die SPD sprach sich für die Einführung des von den Experten vorgeschlagenen Frühwarnsystems aus.

CSU und Freie Wähler sehen keinen Handlungsdruck

Die Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern machten dagegen bereits klar, dass sie keinen Reformbedarf des Kontrollsystems sehen. «Die schweren Einzelfälle dieses Jahres erschüttern uns alle, doch sie widerlegen nicht die vielen engagierten Kontrollen, die in Bayern täglich Missstände verhindern, bevor sie entstehen», sagte der Ausschussvorsitzende Alexander Flierl (CSU). Von den Freien Wählern hieß es ebenfalls, sie lehnten eine erhöhte Kontrolldichte ab, vielmehr müssten Landwirte über Bürokratieabbau weiter entlastet werden. Verstöße gegen den Tierschutz resultierten aus «individuellen Überlastungen und strukturell vorliegenden hohen Standards».

Quelle: dpa

Das könnte Dich auch interessieren

02.12.2025 Kabinett bringt nach langem Gezerre Jagdgesetz auf den Weg Den allermeisten Menschen dürfte dieser Gesetzentwurf unbekannt oder völlig egal sein - in der bayerischen Koalition aber war er umstritten wie zuletzt kaum ein anderer. Nun heißt es: Haken dran. 02.12.2025 Bayern verliert Ökolandbau-Ausbau immer mehr aus den Augen Auf 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Freistaat soll bis 2030 Ökolandbau betrieben werden. Um das zu erreichen, müsste viel getan werden. Das Gegenteil ist der Fall. 26.11.2025 Brand in Eierlegebetrieb mit 120.000 Hühnern - hoher Schaden Tiere in Gefahr: In einem Agrarbetrieb bricht ein Feuer im Technikraum aus und droht, sich auszubreiten. Die Feuerwehr verhindert Schlimmeres, doch der Schaden ist hoch. Was ist zur Ursache bekannt? 21.11.2025 Allgäuer Tierschutzskandal: Landwirte erneut vor Gericht 2019 lösen Videoaufnahmen, die aus einem Milchviehbetrieb im Allgäu stammen sollen, bundesweit Empörung aus. Doch die gerichtliche Aufarbeitung zieht sich. Jetzt soll es einen neuen Anlauf geben.