Im Wiederaufnahmeverfahren um den Tod einer 87-Jährigen in einer Badewanne in Rottach-Egern könnten neue Gutachten den zuvor als Mörder verurteilten Manfred Genditzki entlasten. Den komplexen Berechnungen der Sachverständigen zufolge starb die Witwe an jenem 28. Oktober 2008 später, als bisher angenommen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit liege der Zeitpunkt ihres Todes nach 15.30 Uhr, möglicherweise sogar erst gegen 17.00 Uhr, sagte der Stuttgarter Thermodynamiker Nils Hansen am Mittwoch vor dem Landgericht München I.
Zu der Zeit war Genditzki aber laut Anklage nicht mehr in der Wohnung der Frau, die er regelmäßig im Alltag unterstützt hatte und mit der er, seine Frau und sein kleiner Sohn auch eine Art Freundschaft pflegten. Gegen 15.30 Uhr war der damalige Hausmeister des Anwesens in einem Supermarkt beim Einkaufen, wie ein Kassenzettel zeigt.
2010 hatte das Landgericht München II Genditzki zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach Überzeugung des Schwurgerichts hatte er die Seniorin in deren Wohnung nach einem Streit auf den Kopf geschlagen und dann in der Badewanne ertränkt. Das Urteil wurde nach zwei Revisionen rechtskräftig und wurde nun auf Betreiben der Verteidiger des 62-Jährigen neu aufgerollt.
Entdeckt wurde die Leiche gegen 18.30 Uhr von einer Pflegerin. Die Frau lag mit einem Schlafanzug bekleidet in der mit Wasser gefüllten Badewanne, das linke Bein hing über den Rand.
Die Verteidigung setzt nun auf neue wissenschaftliche Methoden, unter anderem zur Frage, wie lange die Leiche im Badewannen-Wasser lag und wie sich die Temperaturen des Körpers und des Wassers entwickelt haben. Das könnte den Todeszeitpunkt näher eingrenzen. Die Rechtsmedizinerin Gitta Mall aus Jena sagte, es spreche vieles für eine recht frische Leiche. Bis Anfang Juli sind für den Prozess um den «Badewannen-Mord» mehr als zehn weitere Verhandlungstage angesetzt.