Die evangelische Kirche hat 2022 in Bayern – wie auch bundesweit – mehr Mitglieder als ein Jahr zuvor verloren. Rund 48.500 Menschen seien aus der Kirche ausgetreten, nach 36.580 im Jahr zuvor, teilte die bayerische Landeskirche am Dienstag mit. Nur knapp 2800 traten im vergangenen Jahr in die Kirche ein.
Die Landeskirche zählte zum Jahresende 2022 rund 2,143 Millionen Mitglieder. «Wir schauen nicht weg, sondern stellen uns der Realität – auch wenn es schmerzt», sagte Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Studien zeigten die Gründe für Austritte. «In der heutigen ausdifferenzierten Gesellschaft wird der christliche Glaube in den Familien nicht mehr als Selbstverständlichkeit gelebt und weitergegeben.»
Seien früher viele Menschen aus Tradition, aus Konvention oder gar aus Zwang Mitglied der Kirche gewesen, seien sie es heute allein aus Freiheit. «Deswegen sind die heutigen Kirchenmitgliedschaftszahlen auch ehrlicher als früher.» Die Landeskirche habe auf diese Situation reagiert. «Wir sind mittendrin, die Kirche umzubauen, damit sie attraktiver wird für religiös ansprechbare Menschen, für Menschen, die nach dem Sinn in ihrem Leben suchen.»
Um attraktive Formen von Kirche zu entwickeln hat die Landeskirche vor einem Jahr drei Millionen Euro in die Hand genommen, um in 40 kirchlichen Start-ups neue Formen auszuprobieren. Ein Beispiel sei die Aktion «einfach heiraten» am 23.3.2023, wenn an mehr als zwölf Standorten in Bayern Menschen kirchlich heiraten oder einen Segen empfangen können – ohne aufwendige Vorbereitungen einer großen Feier.
Als verlässlicher Kanal für die Verkündigung hätten sich in den vergangenen Jahren die Rundfunk- und Fernsehgottesdienste im Bayerischen Rundfunk erwiesen. Die bayerische Landeskirche investiere darüber hinaus in neue Verkündigungsformen im digitalen Raum. Im Rahmen eines dreijährigen Projekts starten sieben Pfarrerinnen und Pfarrer und eine Religionspädagogin «digitale Gemeinden». Einige von ihnen seien in sozialen Medien aktiv, andere entwickeln gerade neue Formate. Ziel sei, auf unterschiedlichen Plattformen wie Instagram, Tiktok oder YouTube präsent zu sein und Gemeinde und Kirche zu leben.